Erfahrungsberichte

In der Nachbereitung meiner Angebote, inspiriert durch Dialoge mit Auftraggebern und Teilnehmenden, aus Rückmeldungen und gemeinsamen Reflexionen entstehen Themen, die ich gern vertiefe.

Meine Reflexionen und Vertiefungen
Erfolgreiche Jahresgespräche - Mitarbeitende schulen

Üblicherweise werden, wenn Jahresgespräche in einer Organisation* (wieder) eingeführt werden, in der Regel die Führungskräfte geschult und die Mitarbeitenden informiert. Das macht zunächst auch Sinn, weil die Führungskräfte zum Gespräch einladen, Gastgeber sind und insgesamt mehr Verantwortung für das Gelingen des Gesprächs tragen als die Mitarbeitenden. Allerdings könnte diese Praxis dazu führen, dass das volle Potenzial der Gespräche nicht ausgeschöpft wird.

Meine Erfahrung mit eintägigen Mitarbeiter-Schulungen zum Jahresgespräch zeigt:

In die Vorbereitung der Mitarbeitenden zu investieren, bringt bessere Gesprächergebnisse und weniger Gesprächstress für Führungskräfte und Mitarbeitende.

Jahresgespräche sind nämlich keine triviale Aufgabe. Meist ist man geübt im operativen Gespräch – aber wie redet man über Grundsätzliches miteinander? Wie führt man ein Gespräch über Kommunikation und Zusammenarbeit wenn man selbst davon betroffen ist?

Beide Beteiligte betreten hier oft Neuland. Da ist es nur hilfreich, wenn beide den Prozess steuern können.
Natürlich kann es sein, dass alles prima gelaufen ist. Beide hatten ein gutes Jahr miteinander oder zumindest gab oder gibt es positive Aspekte, die ein Ignorieren negativer Aspekte rechtfertigen. Dann kann man sich freundliches Feedback geben. Im Positiven werden Ungenauigkeiten der Gesprächsführung nicht so offensichtlich – man nickt sich gemeinsam darüber hinweg, das Gespräch bleibt kurz und flach.

Wenn es aber an der einen oder anderen Stelle zu nicht mehr zu ignorierenden Frustrationen gekommen ist, kann sich eine anspruchsvollere Dynamik entfalten. Das beginnt schon vor dem Gespräch mit zunehmender Unlust beim Blick auf den Termin im Kalender. Macht man sich dann an die Vorbereitung und denkt über das vergangene Jahr nach, werden in der Vorbereitung auf das Gespräch die unangenehmen Emotionen (re-)aktiviert. Das kann zwei Folgen haben: Entweder wird dann das Thema im Gespräch vermieden – worunter aber die Gesprächatmosphäre leidet – oder aber des Thema wird im Jahresgespräch emotional überdosiert angesprochen: es platzt gewissermaßen heraus.

Aus einem emotional hervorgebrachten „ich fühl mich nicht anerkannt“ als Gesprächseinstieg kann sich eine unerfreuliche Gesprächsdynamik entwickeln, die keiner der Beteiligten vorhergesehen hat und die keinem von Beiden und auch dem Gespräch nicht gut tut. Denn nicht jede Führungskraft kann aus solchen Aufschlägen einen lösungsorientierten Dialog entwickeln.
Damit bliebe das Potenzial dieses Themas unentdeckt. Denn „ ich fühle mich nicht anerkannt“ ist die bewertende Zusammenfassung von mehreren Interaktionen im Arbeitsprozess, die zumindest aus Mitarbeitersicht nicht optimal gelaufen sind.

Im Vorbereitungsseminar für Mitarbeitende zeigte sich:

Dem im Vorfeld des Gesprächs nachzugehen und das Thema gedanklich vorzubereiten lohnt sich für alle Beteiligten.

Ein Gruppen-Workshop ist hierzu der optimale Rahmen, um Themen zu generieren und deren Tiefe und Struktur zu reflektieren, denn Reflexion braucht und profitiert vom Dialogpartner. Es wirkt auch entlastend, von anderen zu erfahren, dass sie ähnliche Probleme haben und dann im exemplarischen Suchen nach der Kommunikationsform auch das individuelle Thema weiterentwickelt werden kann.

Es zahlt sich für alle Beteiligten aus, wenn das Störende klarer benannt, eigenen und auch fremden Bedürfnissen und Erwartungen nachgespürt wird und Möglichkeiten sondiert werden, mit dem Thema und dem Prozess umzugehen.
Wenn auch die Mitarbeitenden dazu Gelegenheit haben, das exemplarisch miteinander zu trainieren, ist dies ein Beitrag zur Gestaltung der Gesprächskultur und des Gesprächsklimas – weit über das Jahresgespräch hinaus.

Fazit:

Das anstehende Jahresgespräch ist eine passende und lernpsychologisch ideale Gelegenheit, die Kommunikationskompetenz der Mitarbeitenden anlassbezogen zu schulen. Für viele der Teilnehmenden war dies das erste Kommunikationsseminar. Allen war aber in nachhinein deutlich, dass Sie das Gelernte auch gut in anderen Kontexten nutzen könnten..

Und: Organisationsentwicklung braucht Impulse von „unten“ und die Mitarbeitenden werden so ermutigt, diese Impulse auch zu geben.